Inventarisierung einer Landschaft

„Erfassung des Natur- und Kulturerbes im württembergischen Allgäu“

Verschiedene Umfragen haben es gezeigt: Die Menschen im Allgäu fühlen sich wohl in ihrer Haut – und in ihrer Landschaft. Zu diesem Wohlbefinden trägt sicherlich die schöne, vielfältig strukturierte Landschaft bei. Sie – modelliert von den Gletschern der Eiszeit – ist überaus bewegt und vielgestaltig, überrascht durch einen schnellen Wechsel von Wald, Wasser und Wiesen und ist reich an geschichtlichen und künstlerischen Zeugnissen. Wer aber genau hinsieht, merkt, dass sich diese uns so lieb gewordene Landschaft in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert hat: Siedlungen ufern aus, Gewerbegebiete und Straßen fressen sich ins offene Land. Wertvolle Gebäude werden abgerissen. Technische Neuerungen und immer höherer Leistungsdruck machen die Landwirtschaft zur Agrarindustrie. Oft kommt dabei die gewachsene Kulturlandschaft unter die Räder.
Die AG Heimatpflege ist sich dieser Probleme bewusst und bemüht sich um den Erhalt des natürlichen und kulturellen Erbes. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, die Eigenart und Schönheit  der Kulturlandschaft durch eine flächendeckende Bestandsaufnahme zu dokumentieren und dadurch zu ihrem Schutz beizutragen. Das Projekt „Erfassung des Natur- und Kulturerbes Allgäu“ wurde 2004 begonnen; die Aufnahme in das „Interreg IIIB Alpenraum-Projekt DYNALP“ ermöglichte es. Auch die Städte und Gemeinden im Allgäu, der Landkreis und das Land förderten in den Anfängen das Projekt. Es hat sich zu einer Daueraufgabe entwickelt.
Die Bestandsaufnahme in der Natur- und Kulturlandschaft des württembergischen Allgäus will Erkenntnisse vermitteln, Verantwortungs- und Problembewusstsein schärfen. Der Natur- und Kulturlandschaftskataster entsteht durch die Mitarbeit vieler in der Heimatpflege engagierter Menschen – vor allem der Ortsheimatpfleger. Er soll für Behördenvertreter und politische Entscheidungsträger Informationen und Arbeitsgrundlagen bereitstellen. Der Kataster will aber auch erinnern an das, was einmal war. Die umfassende Bestandsaufnahme hat einen hohen dokumentarischen Wert. Die Objekte werden beschrieben, kartografisch und fotografisch erfasst und auf einer Bestandskarte dokumentiert. Ein formalisiertes Datenblatt macht den Mitarbeitern die Recherche leichter. Die Natur- und Kulturobjekte werden in elf Kategorien gelistet. Insgesamt sind bisher etwa 6.000 Datenblätter zu Einzelobjekten eingegangen. Das Projekt läuft. Und wir sind überzeugt: Landschaft lässt sich inventarisieren.

Dr. Manfred Thierer

Siehe auch: Natur- und Kulturerbe württembergisches Allgäu – Ergebnisse einer Bestandsaufnahme der Natur- und Kulturlandschaft, bearbeitet von Manfred Thierer, Leutkirch 2006.